Q3 2014: E-Plus Übernahme läutet Umbruch auf deutschem Mobilfunkmarkt ein
SMARTWEB Mobilfunk Report Deutschland Q3 2014
Die Gesamtzahl der Mobilfunkverträge in Deutschland ist im Q3 2014 um weitere 774.000 auf 117,3 Millionen angewachsen. Die starke Verschiebung von den Prepaid- hin zu den wesentlich lukrativeren Postpaid-Verträgen hat sich dabei fortgesetzt, das Postpaid-Segment macht so inzwischen 49,6 Prozent aller Mobilfunkverträge aus.
Trotz steigender Kundenzahlen fallen die Umsätze der Netzbetreiber allerdings immer noch deutlich geringer aus als im Vorjahr - mit E-Plus als großer Ausnahme. Immerhin: Über das laufende Kalenderjahr hinweg ließ sich bei allen Mobilfunknetzbetreibern eine spürbare Verbesserung der Serviceumsätze beobachten.
Das entscheidende Ereignis im Q3 2014 war jedoch ohne Zweifel die endgültige Bewilligung der Fusion von E-Plus und o2 durch die EU-Kommission. Diese wird den Markt grundlegend verändern und könnte sogar zur Entstehung eines neuen Netzbetreibers führen.

Vodafone muss weitere Kundenverluste hinnehmen
Der Noch-Marktführer Deutsche Telekom konnte im Q3 2014 um insgesamt 316.000 auf 39,6 Millionen Mobilfunkverträge zulegen. Dabei sind offenbar auch viele bestehende Kunden von Prepaid- auf die längerfristigen Telekom Postpaid-Verträge gewechselt, denn deren Zahl ist im gleichen Zeitraum sogar um 433.000 auf 22,8 Millionen geklettert.
Sowohl zahlenmäßig als auch prozentual am stärksten gewachsen ist E-Plus. Das Unternehmen, das im Q3 nun endgültig zum letzten Mal als eigenständiger Netzbetreiber auftrat, konnte seinen Mobilfunk-Kundenstamm in diesen drei Monaten um 473.000 Verträge vergrößern und so die Marke von 26 Millionen Gesamtverträgen überspringen.
Im halben Jahr um den Jahreswechsel herum hatte o2 noch deutlich an Mobilfunkkunden verloren, diese Verluste hat der Mobilfunkprovider inzwischen aber wieder wettgemacht. Im Q3 2014 konnte o2 ein Plus von 213.000 Mobilfunkverträgen einfahren und das Quartal mit insgesamt 19,6 Millionen Verträgen abschließen. Mit 144.000 effektiven Neuzugängen lockten auch bei o2 die Postpaid-Angebote die meisten Kunden an.
Der eindeutige Verlierer im Q3 2014 schließlich war Vodafone, denn als einziger deutscher Mobilfunk-Netzbetreiber hatte der Anbieter einen effektiven Kundenverlust zu beklagen. Der Zuwachs um 121.000 Postpaid-Verträge konnte das deutliche Minus im Prepaid-Bereich nämlich nicht ansatzweise aufwiegen - unterm Strich verringerte sich die Zahl der Vodafone Mobilfunkverträge um 228.000 auf 31,7 Millionen.
o2 löst Telekom als kundenstärkster Netzbetreiber ab
Schon bald wird Vodafone damit auch endgültig die "rote Laterne" im Ranking der kundenstärksten deutschen Mobilfunk-Netzbetreiber erhalten. Der Zusammenschluss der bisherigen Nummer Vier E-Plus mit dem drittplatzierten Mobilfunker o2 ist inzwischen nämlich endgültig beschlossene Sache. Nachdem die Übernahme am 2. Juni durch die EU-Kommssion bereits unter Auflagen genehmigt wurde, erhielt o2 am 29. August schließlich die finale Freigabe. Seit dem 1. Oktober ist die Fusion nun endgültig offiziell.
Ab dem neuen Quartal fällt o2 damit die Marktführerschaft zu - gemeinsam kommen o2 und E-Plus auf 46 Millionen Mobilfunkverträge. Tatsächlich vorne liegt o2 allerdings nur bei der Gesamtkundenzahl, im Bezug auf die Postpaid-Kundenverträge sowie den Umsatz seiner Mobilfunksparte hält die bisherige Nummer Eins Telekom weiterhin die Spitzenposition.
Netzbetreiber | Verträge insgesamt | Postpaid-Verträge | Mobilfunkumsatz insgesamt | Mobilfunk-Serviceumsatz |
---|---|---|---|---|
o2 + E-Plus |
46 Mio. |
19,7 Mio. |
1,77 Mrd. € |
1,53 Mrd. € |
Telekom |
39,7 Mio. |
22,8 Mio. |
2,00 Mrd. € |
1,70 Mrd. € |
Mit Blick auf den eigenen Mobilfunkumsatz sieht sich die Deutsche Telekom so auch weiterhin als "stärkster Performer im Markt". Doch selbst die Telekom hat die schwierige Marktlage deutlich zu spüren bekommen: Zwar hat das Unternehmen beim Mobilfunkumsatz zwischen Juni und Ende September wieder das Niveau des Vorjahresquartals erreicht, für den 9-Monats-Zeitraum ergibt sich jedoch noch immer ein Umsatzminus von 1,6 Prozent.
Seit dem Jahresbeginn haben sich die zunächst rückläufigen Umsätze also wieder stabilisiert - eine Entwicklung, die auch bei den Konkurrenten Vodafone und o2 zu beobachten war. So lag Vodafones Mobilfunkumsatz im Q3 zwar 3,6 Prozent unter dem Vorjahreswert, im Vergleich zum Q2 2014 aber ergab sich zumindest wieder ein leichtes Umsatzplus von 1,6 Prozent. o2 setzt auf ähnliche Hoffnungszeichen: Nachdem der Serviceumsatz im Q1 noch 3,4 Prozent unter dem des Q1 2013 gelegen hatte, ist o2 im Q2 (-2,5%) und Q3 (-1,3%) wieder näher an das jeweilige Vorjahresergebnis herangerückt.
Eine deutliche Erholung hat sich im Q3 2014 nicht zuletzt bei den Smartphone-Verkäufen eingestellt, die zuletzt spürbar zurückgegangen waren. Die Telekom verzeichnete sogar einen Hardware-Absatz von 1,35 Millionen Endgeräten - laut Unternehmensangaben der zweithöchste Wert der Konzerngeschichte. Auch o2 konnte einen "beachtlichen Anstieg" von 22,1 Prozent beim Hardware-Umsatz gegenüber dem Q3 2013 vermelden. Diese Entwicklung dürfte zum einen der verstärkten Vermarktung von Bündel-Angeboten mit stark rabattierten Smartphones geschuldet sein, zum anderen hat sich hier wohl auch schon die Veröffentlichung des neuen iPhone 6 und iPhone 6 Plus im September bemerkbar gemacht.
Fusion unter Auflagen: Netzkapazitäten gehen an Drillisch
Durch den Zusammenschluss von E-Plus und o2 schrumpft die Riege der deutschen Mobilfunknetzbetreiber zunächst von vier auf drei. Die EU-Kommission hat ihre Genehmigung daher auch an eine Reihe von Auflagen geknüpft, die letztendlich den Markteintritt eines neuen vierten Netzbetreibers begünstigen sollen.
Ein Mobilfunkanbieter, der in Zukunft eine wesentlich prominentere Stellung auf dem Markt einnehmen wird, steht jetzt schon fest. Als eines der Eingeständnisse an die neuen Marktverhältnisse muss o2 künftig 30 Prozent seiner bestehenden Netzkapazitäten an einen anderen Provider abtreten. Der Zuschlag ging letztlich an die Drillisch AG, die aktuell mit mehreren kleineren Discount-Marken wie DeutschlandSIM, smartmobil.de und simply im Markt aktiv ist. Als sogenannter virtueller Netzbetreiber wird Drillisch pauschal 20 Prozent der o2 Netzkapazitäten zum Festpreis abnehmen und besitzt eine Option auf weitere 10 Prozent.
Mitbewerber wie United Internet und Freenet haben dieses Arrangement prompt harsch kritisiert, könne Drillisch die zugesprochenen Kapazitäten mit seinen rund 2 Millionen Mobilfunkkunden (Stand Q3 2014) auch in absehbarer Zukunft nicht annähernd auslasten - dazu müsste die Zahl der Drillisch-Teilnehmer etwa fünf Mal so hoch liegen. Doch offenbar hegt Drillisch weitergehende Pläne. In einem nächsten Schritt will das Unternehmen so zusätzlich zu den Netzkapazitäten bis zu 600 Ladenlokale von o2 und E-Plus übernehmen.
Auch dieses Vorhaben wirft eine grundsätzliche Frage auf - nämlich unter welchem Markennamen die neuen Drillisch-Shops auftreten werden. Inzwischen hat sich jedoch ein sehr wahrscheinlicher Kandidat hierfür herausgeschält: Denn wie im November bekannt wurde, wird Drillisch mit Yourfone auch noch eine der Telefónica Marken komplett übernehmen. Der Zukauf für einen "mittleren bis hohen zweistelligen Millionenbetrag" beinhaltet dabei auch die rund 235.000 aktiven Yourfone-Kundenverträge.
Bundesnetzagentur bereitet Frequenzaktion vor
Hat Drillisch eventuell sogar Interesse daran, als "echter" Netzbetreiber in den Markt einzusteigen? Das wird sich voraussichtlich im ersten Halbjahr 2015 zeigen. Denn in diesen Zeitraum soll die nächste große Frequenzversteigerung der Bundesnetzagentur fallen - die dann tatsächlich die Entstehung eines neuen Netzbetreibers ermöglichen könnte.
Hier kommt die zweite entscheidende Auflage der EU-Kommission zum Tragen: o2 wurde nämlich zusätzlich dazu verpflichtet, Frequenzen aus dem bisherigen GSM-Spektrum vorzeitig abzugeben - und zwar bereits Ende 2015. Für die anderen deutschen Netzbetreiber laufen die entsprechenden Lizenzen erst Ende 2016 aus, die zukünftigen Nutzungsrechte werden allerdings ebenfalls im Rahmen der kommenden Groß-Auktion versteigert. Dazu kommen die freiwerdenden Frequenzen aus der Digitalen Dividende II, die bislang für terrestrisches Fernsehen über DVB-T und Funk-Mikrofone genutzt wurden, sowie Frequenzen aus dem 1.500 MHz Spektrum, deren Nutzungsrechte erstmalig vergeben werden.
Hier bietet sich also eine echte Chance für eine substantielle Neuaufstellung des deutschen Mobilfunkmarktes und damit auch die Entstehung eines neuen vierten Netzbetreibers. Durch die frühzeitige Neulizensierung der alten o2 Frequenzen wäre sogar ein vergleichsweise zeitnaher Markteintritt möglich. Ob sich allerdings tatsächlich ein kapitalstarker Neuling findet, der sich im extrem kostspieligen Kampf um die angebotenen Frequenzbänder gegen die bestehenden Schwergewichte auf dem Markt durchsetzen kann, bleibt abzuwarten.
DSLWEB Archiv: Der deutsche Mobilfunkmarkt im Rückblick
Die Quartalsberichte, die SMARTWEB regelmäßig veröffentlicht, bilden immer nur den aktuellen Stand der Verhältnisse auf dem deutschen Mobilfunkmarkt ab. Um Trends zu verfolgen und Rückschlüsse auf die Marktentwicklung ziehen zu können, bedarf es den Blick auf längerfristige Zeiträume.
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